Forschungsfelder

Um eine möglichst breite Basis für vergleichendes Arbeiten und für interdisziplinäre Forschergruppen zu bieten, hat das FI seine thematischen Arbeitsschwerpunkte in Forschungsfeldern strukturiert.

Diese Forschungsfelder definieren sich auf Basis der Überschneidungspunkte der einzelnen Forschungsaktivitäten und Praxisprojekte.

Aktuell sind die folgenden drei Forschungsfelder festgelegt:

F 1:          Friedens- und Konfliktforschung

F 2:          Migration und Aufnahme (Flucht - Transit - Ankunft)

F 3:          Bildung, Gesellschaftstransformation und sozialer Wandel


Forschungsfeld 1: Friedens- und Konfliktforschung

Im Forschungsfeld "Friedens- und Konfliktforschung" untersucht das FI unterschiedliche Aspekte von Krieg, Gewalt, Pazifizierung und Versöhnung.

Die meisten Forschungen werden im Verbund mit dem "International Consortium for Research on Violence" (ICRoV) realisiert, das im Jahr 2013 als Zusammenschluss von Forscher_innen im Kontext der Irak-Konferenzen des FI in Kirkuk (2012) und Erbil (20013) gegründet wurde.

Derzeit laufen in diesem Forschungsfeld drei Langzeitprojekte:

a) "Gewalt und Gesellschaft im Iraq"

Im Jahre 2010 organisierte das FI erstmals eine Konferenz in Kirkuk/Iraq und eröffnete damit eine Serie von Veranstaltungen im Iraq, die seitdem in jährlichem Rhythmus stattfinden. Ziel ist es, mit einem Konferenz-Workshop-Format universitäre Forschung und lokale zivilgesellschaftliche Vertreter und Organisationen zusammenzubringen und so ein Dialogforum zu Fragen von Gewalt und Pazifizierung zu schaffen.  Im Jahre 2012 fand diese Veranstaltung erstmals unter internationaler Beteiligung in Form einer "Internationalen Konferenz zur Gewaltforschung im Iraq" in Kirkuk statt, bei der zum ersten Mal auch Beispiele aus anderen Ländern behandelt wurden, um eine vergleichende Betrachtung zu ermöglichen und einen Süd-Süd-Dialog zu initiieren. Im Rahmen der Veranstaltung organisierten die internationalen Wissenschaftler_innen Workshops für irakische Studierende, um nach einer langen Zeit der Isolation für den akademischen Nachwuchs einen Zugang  zu den Forschungsfeldern und Erfahrungen internationaler Forschung zu bieten.

Seit 2013 werden diese Veranstaltung in Kooperation mit dem "Center for Iraq Studies" (CIS) der Universität Erlangen-Nürnberg organisiert. Bei der Konferenz in Sulaimaniya in 2016 wurde beschlossen, das Thema "Rebuilding War Societies" für die nächsten Jahre als Schwerpunkt zu bearbeiten. Unter diesem Zeichen steht auch die Konferenz des Jahres 2017 in Basra.

b) "Sozial- und Alltagsgeschichte des Krieges"

In diesem Langzeitprojekt untersucht Hartmut Quehl in einer global vergleichenden Studie ausgewählte Befreiungskriege nach Ende des zweiten Weltkrieges („Vergleichende Kriegsforschung: Sozial- und Alltagsgeschichte von Befreiungskriegen nach dem zweiten Weltkrieg“). Diese historisch angelegte Studie basiert auf cross-time und cross-culture Vergleichen und versucht über die regionalen Unterschiede hinweg eine vergleichende Konfliktgeschichte der globalen Peripherie im späten 20. Jahrhundert zu erarbeiten.

Die Länderbeispiele (insbesondere Nicaragua, Irakisch-Kurdistan und Eritrea) umfassen einen Zeitraum von mehr als 50 Jahren und Kriege von unterschiedlicher Intensität und Dauer. Sie finden sich auf drei verschiedenen Kontinenten und sind in teils mehr, teils weniger stark sich voneinander unterscheidenden kulturellen Kontexten beheimatet. Zeit und Raum dienen als Parameter zur Analyse der spezifischen Konstellationen lokal unterschiedlicher Prozessformen und jener Komponenten, die unter Berücksichtigung der Partikularität des einzelnen Länderbeispiels, auf Allgemeingültigkeit hinweisen.

Im Zentrum der Studie stehen zum einen Oral-History-Projekte zu Lebenserfahrungen von Kämpfer_innen in Krieg und Nachkriegszeit: Wie verändern sich Menschen und Gesellschaften im Verlaufe ihrer Sozialisation zu Kombattanten in einem Kriegssystem, und welche Transformationsprozesse durchlaufen sie auf dem Weg zum Frieden? Zum anderen verfolgt sie unterschiedliche Aspekte von Transformationsprozessen, die im Gefolge eines Übergangs vom Frieden zum Krieg und vom Krieg zum Frieden ablaufen: Was geschieht in Ländern, die nach einem langen Krieg eine Transformation des politischen Systems durch eine siegreiche Befreiungsfront durchlaufen?

Die Untersuchung „Vergleichende Kriegsforschung: Sozial- und Alltagsgeschichte von Befreiungskriegen nach dem zweiten Weltkrieg“ ist eingebunden in interdisziplinäre und internationale Zusammenhänge wissenschaftlicher Forschung und Auseinandersetzung. Die Länderbeispiele Nicaragua und Irakisch-Kurdistan werden von den Forschergruppen in den jeweiligen Ländern mit bearbeitet.

c) "Deeskalation - Pazifizierung - Versöhnung"

Das Projekt "Deeskalation - Pazifizierung - Versöhnung" wurde in den Jahren 2014 und 2015 als eine Synthese aus den bisherigen Ergebnissen der Iraq-Konferenzen und des Teilaspektes "Demobilisierung und Reintegration" aus dem Langzeitprojekt "Sozial- und Alltagsgeschichte des Krieges" entwickelt. Vorausgegangen waren Workshop-Konferenzen in Bogotá/Kolumbien zum Thema "Realistic Peace and Turbulent Transitions" (2014) und Mekelle/Äthiopien zu "Regional Security" (2015"). In einem gemeinsam mit dem Hamburger Institut für Sozialforschung  (HIS) veranstalteten Symposium zu Demilitarisierung, Demobilisierung und Reintegration (DDR) wurde anhand der Fallbeispiele Eritrea, Nicaragua, Kolumbien und Ruanda eine Bilanz der vergangenen 25 Jahre DDR-Erfahrungen gezogen, um darauf aufbauend die Frage nach veränderten Bedingungen in sich wandelnden Gewaltkontexten zu stellen --- eine Fragestellung, die besonders angesichts möglicher Zukunftsszenarien in Syrien und Iraq neue Denkweisen erfordert. Unter besonderer Berücksichtigung der kolumbianischen Erfahrungen skizziert sich hier am FI ein neuer Ansatz heraus, der Deeskalation, Pazifizierung und Versöhnung als zentrale Komponenten des Wiederaufbaus von Kriegsgesellschaften in den Mittelpunkt stellt.

In einem interkulturellen Kontext ist geplant, dieses interdisziplinäre Forschungsvorhaben in einem ersten Schritt bis 2020 fortzuführen.


Forschungsfeld 2: Migration und Aufnahme (Flucht - Transit - Ankunft)

Seit den Anfängen des FI besteht mit dem Forschungsfeld "Flucht und Migration" ein Bereich, der die Expertise namhafter internationaler Wissenschaftler_innen der Diaspora- und Transnationalismusforschung --- vorrangig mit Schwerpunkt Eritrea und dem Horn von Afrika --- vereint hat.

Die innereuropäischen und die internationalen Entwicklungen in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts ordneten diesen Focus zwangsläufig in einen weiteren Kontext ein: die Eskalation im Nahen und Mittleren Osten, die Rückkehr des Krieges nach Europa und die sich intensivierenden Bemühungen der Europäischen Union um eine Steuerung von Migrationsströmen erforderten eine Erweiterung des Forschungshorizontes, die eine Lösung aus der engen regionalen Perspektive und eine Re-Interpretation der Zusammenhänge von Gewalt und Flucht nach sich zogen.

Das FI definiert Flucht und Migration folglich als Sekundärmerkmale von Krieg und bewaffnetem Konfliktaustrag in der Folge einer sich verschärfenden globalen Nord-Süd-Konfrontation, die parallel zu weltweiten ökonomischen Polarisierungen verläuft.

a) "Flüchtlingskrise" in Deutschland und Europa

Die sogenannte "Flüchtlingskrise" in Deutschland und Europa der Jahre 2015 und 2016 resultierte in einer Neuorganisation der bis dahin nur lose miteinander verbundenen partikularen Forschungsinteressen am FI. In Kooperation mit der University of Tennessee entwickelten sich in 2016 verschiedene studentische Forschungsprojekte. Zeitgleich entstand am FI das "Felsberger Forscherkollektiv" (FFK), eine Forschungsgruppe von Studenten und Graduierten mit Schwerpunkt Flucht- und Migrationsforschung.

Koordiniert werden diese Aktivitäten von Prof. Dr. Trisha Hepner und Prof Dr. Karen McKanders  seitens der University of Tennessee sowie Prof. Dr. Magnus Treiber und Dr. Hartmut Quehl seitens des FI.

Parallel dazu laufen derzeit Untersuchungen in den folgenden Teilbereichen, mit denen sich das "Felsberger Forscherkollektiv" unter Leitung von Dr. Hartmut Quehl beschäftigt:

b) Forschungsprojekt "Flucht und Transit am Beispiel der Migration aus Eritrea"(Sechs-Länder-Studie)

Am FI existiert ein langjähriger Forschungsschwerpunkt zu Eritrea. Im Jahre 2010 wurde die "Kontaktgruppe Eritrea" gegründet, die sich seitdem mit dem Thema "Politische Transition und gesellschaftlicher Wandel in Eritrea" befasst.

Aus der Analyse der Arbeitsergebnisse im Forschungsfeld 2 und als Ergebnis des Austausches zwischen internationalen Wissenschaftlern, die mit dem FI verbunden sind, entstand im Jahre 2016 ein  neuer Forschungsansatz.

Dieser Forschungsansatz basiert auf dem Konzept einer simultanen Feldforschung in den Transitländern, die eritreische Migranten auf ihrem Weg nach Deutschland passieren, um mit dem Instrumentleitfaden gestützter qualitativer Interviews erstens Aufschluss über Fluchtbiographien der eritreischen Migranten zu erlangen, zweitens Einblicke in ihre Kommunikationsstrategien im Rahmen der transnationalen eritreischen Gemeinschaft zu erhalten und drittens Stationen des individuellen wie kollektiven sozialen Wandels während des Migrationsprozesses zu markieren.

Parallel hierzu erfolgte eine Kontexteinbettung in die Situation der Migranten im jeweiligen Transitland, die zum Ziel hatte, geografische Spezifika sowie regionale (grenzüberschreitende)Zusammenhänge und/oder Gemeinsamkeiten zu identifizieren.

Die Feldforschung wurde in den Monaten Oktober und November 2016 erfolgreich abgeschlossen. Beteiligt waren die folgenden Länder und Wissenschaftler:

Insgesamt wurden 91 Interviews geführt, die auf Tonträger aufgenommen wurden und in digitalisierter Form vorliegen.

Vom 2.-4. März 2017 fand auf Einladung des FI ein erster Auswertungsworkshop der beteiligten Forscher_innen in Felsberg statt. Die Auswertung der empirischen Daten, die Analyse und die Kontexteinordnung sind für 2017-2018 geplant.


Forschungsfeld 3: Bildung, Gesellschaftstransformation und sozialer Wandel

Der Schwerpunkt „Bildung, Gesellschaftstransformation und sozialer Wandel“ betrachtet Migration nach Ankunft in Deutschland und Europa als einen integralen Bestandteil der Gesellschaftstransformation nicht nur der Herkunftsgesellschaften, sondern auch des Gast bzw. Aufnahmelandes und versteht diese Prozesse als Teil eines sich gegenseitig bedingenden sozialen Wandels.

Zum besseren Verständnis der Situation und Nöte von Flüchtlingen und Migranten und der Erarbeitung handlungspraktischer Empfehlungen greift dieser Schwerpunkt sowohl auf eigene Erkenntnisse der Konflikt- und Regionalforschung am Felsberger Institut zurück als auch auf ein breites Fächerspektrum aus Politologie, Recht, Soziologie, Psychologie, Geschichte und Ethnologie. Die migrationsbezogene Bildungs- und Integrationsforschung am Felsberger Institut versteht sich so als inter- und transdisziplinäre Schnittstelle mit konkreten Anwendungsbezügen.

a) Projekt "Sofortbeschulung und Stabilisierung"

In 2012 startete das FI am Standort Kassel in Kooperation mit dem "Institut für Sprachen" ein Bildungsprogramm für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF).

Zwischen 2012 und 2014 initiierte das Felsberger Institut zwei EU-geförderte Projekte mit dreijähriger bzw. einjähriger Laufzeit. Diese bearbeiteten „Fortbildung, Weiterbildung und Sensibilisierung von Fachpersonal im Kontext psychosozialer und therapeutischer Arbeit mit UMF“ und „Sprach- und Lernförderung Unbegleiteter Minderjähriger Flüchtlinge (UMF) zur Integration in das deutsche (Aus-) Bildungssystem“.

Im August 2014 fasste das Symposium „Unbegleitete Minderjährige zwischen Traumatisierung und Integrationsdruck“ in Felsberg Expertisen, Zwischenstände und Handlungsbedarf zusammen. Das Symposium brachte interdisziplinäre Fachkräfte aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und Praxisbereichen zusammen – aus der sozialarbeiterischen und pädagogischen Flüchtlingsbetreuung ebenso wie aus der Psychotherapie und den Rechts- und Gesellschaftswissenschaften, einschließlich der Ethnologie – und zielte auf interdisziplinären Dialog, weiterführenden fachlichen Austausch und gegenseitige Kooperationen über den unmittelbaren beruflichen Alltag hinaus ab.

Zentral für die wissenschaftliche Begleitforschung waren u.a. das Promotionsprojekt Miriam Wolfsteins zu Anspruch und Wirklichkeit der Integration über Sprachförderung und Bildung und Rita Horvays Erhebung möglicher Sozialkosten durch ausbleibende oder mangelhafte Bildungsintegration.

Bis 2016 wurden ca. 700 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in diesem FI-Praxisprojekt auf den Besuch einer Regelschule vorbereitet. Seit Auslaufen der EU-Förderung in 2015 führt das FI das Projekt unter der Bezeichnung "Sofortbeschulung und Stabilisierung" in Eigenregie und ohne Fremdfinanzierung fort. Derzeit ist eine ausführliche Projektdokumentation in Bearbeitung.

www.umf-perspektive.de

b) "Forschungsverbund Seiteneinsteiger" (SETI)

Der "ForschungsverbundSeiteneinsteiger" (SETI)wurde im Jahre 2017 als eine interdisziplinäre Forschungsgruppe (DaF/DaZ, Psychologie, Sozialpädagogik, Politikwissenschaft, Ethnologie) von Wissenschaftler_Innen und Praktiker_Innen der zielgruppenbezogenen Bildungsarbeit gegründet. Basierend auf den Vorarbeiten des FI im Bereich der Bildungsintegration von UMF und des laufenden Praxisprojektes "Sofortbeschulung und Stabilisierung" wurde im Sommer ein Forschungsprojekt  „Lernerfolg und Bildungsintegration von Seiteneinsteiger_innen nichtdeutscher Herkunftssprache – Eine multiperspektivische Fallstudie“ konzipiert und dem Hessischen Kultusministerium (HKM) zur Genehmigung vorgelegt.

Dem Forschungsverbund gehören die folgenden Institutionen und Wissenschaftler_innen an:

Angesichts deutlich angestiegener Zahlen seit 2015 von jugendlichen Neuzuwanderern – insbesondere auch solchen, die über 16 Jahre alt sind – gilt es als ein wesentliches gesellschaftspolitisches Ziel, die (Aus-)Bildungsintegration dieser Gruppe unterstützen. Die in diesem Ausmaß neu entstehende und komplexe Situation konnte bisher kaum systematisch wissenschaftlich beleuchtet werden. Das Forschungsvorhaben verfolgt daher erstens das Ziel, empirisch abgesicherte Erkenntnisse zu Fragen der (Aus-)Bildungsintegration im Kontext von Flucht multiperspektivisch zu erheben.  Es sollen einerseits die Perspektiven der Jugendlichen selbst und andererseits die Perspektiven weiterer Beteiligter exemplarisch in den Blick genommen werden. Zweitens sollen die in der schulischen Bildung angewandten Lehr- und Unterrichtskonzepte, insbesondere die Lehrmaterialien, unter DaZ Gesichtspunkten analysiert werden. Das Vorhaben verfolgt drittens das Ziel, auf der Basis der gewonnenen empirischen Erkenntnisse vorliegende theoretische und praktische Konzeptionen von Bildungs- und Integrationsmaßnahmen weiter zu entwickeln. Dabei wird an den wissenschaftlichen Vorarbeiten und den professionell-fachlichen Erfahrungen der beteiligten Forscher_Innen und Praktiker_Innen angeknüpft. Insbesondere fokussiert die Forschungsgruppe auf die durchgängige Förderung der Bildungssprache, die pädagogische Unterstützung sowie die Gestaltung von Übergängen in schulische und berufliche Ausbildungen, wie sie in dem hessischen Gesamtsprachförderkonzept angelegt sind.

Untersuchungsfeld der geplanten Forschung sind die seit Beginn des Schuljahres 2015/2016 im Rahmen des Gesamtsprachförderkonzeptes in Hessen für Seiteneinsteiger_innen nichtdeutscher Herkunftssprache eingerichteten sogenannten InteA-Klassen (Integration durch Abschluss und Anschluss) an beruflichen Schulen.

Mithilfe eines explorativen Ansatzes soll möglichst umfassend und vertieft untersucht werden, wie Lernerfolg und (Aus-)Bildungsintegration von Seiteneinsteiger_innen nichtdeutscher Herkunftssprache in den ausgewählten Schulen zustande kommen und welche Faktoren diesen Prozess (mit-)bedingen. Dabei gehen wir davon aus, dass sprachlicher Lernerfolg und weitere Übergänge in schulische Bildungsgänge und berufliche Ausbildungen vor dem Hintergrund des individuellen allgemeinen Bildungsstands und der psychischen Disposition betrachtet werden müssen.

c) Schreibwerkstatt "Inana – Schriftstellerinnen aus dem Irak"

Mit dem Projekt „Inana“, das in Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft in Bagdad und dem Goethe-Institut Iraq entstand, ist die Kultur ein weiteres Aktionsfeld des FI geworden.

Im Jahre 2013 veranstaltete Birgit Svensson, Repräsentantin des FI im Iraq, zum ersten Mal eine Schreibwerkstatt für iraqische Schriftstellerinnen in Basra. Vorausgegangen war eine Anthologie zeitgenössischer iraqischer Schriftstellerinnen, die erste seit dem Sturz Saddam Husseins im Frühjahr 2003. Die arabische Ausgabe „Mit den Augen von Inana“ erschien 2013, genau zehn Jahre nach der für den Iraq schmerzhaften Wende. Sie war schnell vergriffen. Eine zweite, arabische Ausgabe ist bereits entstanden. Mittlerweile liegen deutsche und französische Übersetzungen vor.

Das Buch „Mit den Augen von Inana“ erschließt eine andere Welt: 19 Schriftstellerinnen aus dem Iraq publizieren in der Anthologie, die 2015 zur Leipziger Buchmesse in deutscher Sprache vorgestellt wurde.  Frauen schreiben anders als Männer, das gilt auch und gerade für ein Land wie den Iraq. Obwohl sie das gleiche Schicksal erlitten haben und noch erleiden, trifft es Frauen auf unterschiedliche Weise, und lässt sie daher auch andere Perspektiven einnehmen. Liebe in den Zeiten des Terrors, Auseinandersetzungen mit Gewalt, Träumen und Ängsten: Die Texte von „Mit den Augen von Inana“ zeigen, dass Frauen anders leiden, anders empfinden und sie vor allem noch andere Formen von Gewalt ertragen müssen.

Birgit Svensson hat dem Projekt Schreibwerkstatt eine Kontinuität gegeben: Mehrmals im Jahr finden Schreibwerkstätten statt, um noch mehr Frauen die Chance zu geben, ein Ventil für ihre oft dramatischen Erlebnisse und deren Verarbeitung zu geben. "INANA" ist so zu einem Projekt geworden. Schriftstellerinnen-Konferenzen mit internationaler Beteiligung sind ebenso entstanden wie Theaterstücke und Vertonungen der Texte sowie Auftritte auf den Buchmessen in Deutschland und Frankreich.